Ein-heit

 

Ein-heit, 1991–1994

In der Werkgruppe, die während der deutschen Wiedervereinigung entstanden ist, befasst sich Michael Schmidt mit der Geschichte und der universalen Zeichenhaftigkeit der politischen Gesellschaftssysteme, die in Deutschland seit 1933 geherrscht haben: dem Nationalsozialismus, dem Sozialismus und der Demokratie. Vor diesem Hintergrund stellt der Künstler die Frage nach der schicksalhaften Rolle des Individuums in der Gemeinschaft und danach, auf welcher Seite es steht.


Michael Schmidt betrachtete eine veröffentlichte Fotografie als einen Teil der Wirklichkeit und ebenso als Anlass für eine Aufnahme, wie ein Mensch oder Gebäude es sein können. In Ein-heit hat er dieses Verfahren weiterentwickelt. Seine Fotografien von Fotografien, die etwa ein Drittel dieser Werkgruppe ausmachen, zeigen neben direkt abbildenden auch stark ausschnitthafte und gelegentlich seitenverkehrte Aufnahmen vorgefundenen Bildmaterials, die er mit seinen eigenen Fotografien kombiniert. Die Aussage der Ausgangsbilder hat Michael Schmidt so im Sinne seines Konzeptes verändert, ihnen ihre Eindeutigkeit genommen und sie um neue Lesbarkeiten erweitert.


Zusätzlich hat er die bereits in einigen frühen Arbeiten angewandte Strategie der Wiederholung und Variation von Motiven eingesetzt. Auf diese Weise angeordnet, bilden die Fotografien die Grammatik einer ganz eigenen visuellen Sprache. Diese entzieht sich dem Betrachter, der die übliche Rezeption fotografischer Bilder gewohnt ist, zunächst dadurch, dass sie sich einer schnellen Lesart verweigert, sie ermöglicht aber zugleich einen assoziativen Zugang.


Als erste Einzelausstellung eines deutschen Fotografen seit mehreren Jahrzehnten wurde Ein-heit 1996 im Museum of Modern Art in New York der Öffentlichkeit präsentiert.