Lebensmittel

 

Lebensmittel, 2006–2010

Für die Werkgruppe Lebensmittel hat Michael Schmidt in Deutschland, Norwegen, den Niederlanden, Österreich, Italien und Spanien gearbeitet. Er hat in Unternehmen zur Wurst-, Teigwaren- und Käseherstellung, auf Fischfarmen, Obst- und Gemüseplantagen, in Mast- und Schlachtbetrieben, in Gewächshäusern, auf Olivenölplantagen und Insektenfarmen sowie in lebensmittelverarbeitenden Betrieben fotografiert.


Erstmals setzte Michael Schmidt in seinem Werk neben der Schwarzweiß- auch die Farbfotografie ein. Die Bilder tragen weder Titel noch Ortsangaben, sodass kein geografischer Bezug hergestellt werden kann. Michael Schmidt erweiterte seine in Ein-heit entwickelte Methode um seltsam irritierende Werke, die aus zwei vertauschten Bildhälften, scheinbaren Verdoppelungen, Wiederholungen und Variationen von Motiven bestehen, und erschüttert so den Glauben an die dokumentarische Kraft der Fotografie und an ein allgemeingültiges Einzelbild.


Oft ist unklar, um welche Lebensmittel es sich auf den Fotografien handelt. Die früher vornehmbare Zuordnung und saisonal bestimmte Herstellung der Produkte liegen nun im Verborgenen, und diese sind nicht mehr durch Individualität, Nachvollziehbarkeit und Regionalbezug, sondern durch Normierung, Entfremdung und Internationalisierung geprägt.


Michael Schmidt formuliert seine Kritik an den Auswüchsen eines Wirtschaftssystems, das durch Warenüberfluss bestimmt ist. Aktuelle Krisen zeigen, dass die Grenzen landwirtschaftlichen Wachstums erreicht sind. Es sind genau diese Erfahrungen und der damit verbundene Verlust des Glaubens an einen ständigen Fortschritt, die ihre Entsprechung in Michael Schmidts Aufnahmen finden.


Mit Lebensmittel leistet Michael Schmidt einen wichtigen Beitrag zum Diskurs über die wertvollste Ressource des Menschen. Wenige Tage vor seinem Tod 2014 wurde er für die Werkgruppe mit dem renommierten Prix Pictet ausgezeichnet.